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Kirchengericht:Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche)
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:29.08.2008
Aktenzeichen:XIII 102/09-155
Rechtsgrundlage:§ 4, § 6 Abs. 3 Satz 1, § 89 Abs. 2 Nr. 8, § 98 Abs. 2 Nr. 5 KV (Verfassung der Evangelischen Kirche der Pfalz - Protestantische Landeskirche -), § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Buchst. b, § 4 Abs. 3 Satz 1, § 10 VuVGG (Gesetz über das Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche der Pfalz - Protestantische Landeskirche -), § 78 Abs. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung)
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Bestimmung des Namens eines Kirchengebäudes durch die Kirchengemeinde und des Namens dieser Kirchengemeinde durch die Kirchenregierung
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Leitsatz:

  1. Die Bezeichnung des einer Kirchengemeinde zugehörigen Kirchengebäudes mit einem Namen ist eine örtliche Angelegenheit, die gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 KV der Kirchengemeinde vorbehalten ist und nur der Aufsicht durch den Landeskirchenrat nach § 98 Abs. 2 Nr. 5 KV unterliegt.
  2. Demgegenüber ist die Namensbezeichnung der Kirchengemeinde selbst über den örtlichen Bereich hinaus für den innerkirchlichen wie den allgemeinen Rechtsverkehr von Bedeutung und daher von gesamtkirchlichem Interesse. Die Wahrung dieses Interesses ist kraft § 89 Abs. 2 Nr. 8 KV Sache der Kirchenregierung.
  3. Die Organisationskompetenz, die der Kirchenregierung nach § 89 Abs. 2 Nr. 8 KV zusteht, umfasst das Recht, einer neu errichteten Kirchengemeinde einen Namen zu verleihen oder den Namen einer bestehenden Kirchengemeinde zu ändern (Abgrenzung zum Urteil vom 20. 02. 1993 im Verfahren 102/09-75). Die Gewährleistung des § 6 Abs. 3 Satz 1 KV steht dem nicht entgegen. Sie vermittelt den Kirchengemeinden kein Recht auf Selbstverwaltung zu, das dem Recht der politischen Gemeinden auf Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG) gliche. Kirchengemeinden sind stärker in die gesamtkirchliche Ordnung einbezogen als Kommunen in die Organisation des Staates. Das Verhältnis von Gesamtkirche und Kirchengemeinden ist dadurch gekennzeichnet, dass beide gleichermaßen zur Verwirklichung des kirchlichen Auftrags berufen sind und hierbei dienend zusammenwirken müssen.
  4. § 89 Abs. 2 Nr. 8 KV räumt der Kirchenregierung hinsichtlich der Namensgebung - in den Grenzen des § 4 KV - eine weite Ermessensfreiheit ein. Kraft § 6 Abs. 3 Satz 1 KV hat die betroffene Kirchengemeinde allerdings einen Anspruch darauf, zu einer beabsichtigten Namensgebung gehört zu werden. Ihre Äußerung muss zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden. In materieller Hinsicht ist die Kirchenregierung verpflichtet, alle für die Entscheidung bedeutsamen Sachgesichtspunkte zu ermitteln, angemessen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Darüber hinaus ist sie an den Gleichheitsgrundsatz in der Gestalt des Willkürverbots und an den Grundsatz des Vertrauensschutzes gebunden, die beide Bestandteil des kirchlichen Rechts sind. Die Kirchenregierung hat das ihr zustehende Ermessen durch Beschluss vom 05.07.2007 (ABl. S. 142) für den Regelfall dahin gebunden, dass dem Wunsch einer Kirchengemeinde, in ihren Namen denjenigen ihres Kirchengebäudes einzubeziehen, zu entsprechen ist.

Tenor:

Unter Abänderung des Beschlusses der Kirchenregierung vom ... wird die Beklagte verpflichtet, die Klägerinnen in „Protestantische Christuskirchengemeinde A“ und in „Protestantische Christuskirchengemeinde B“ umzubenennen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand:

Die Klägerinnen, die beide dem Kirchenbezirk C angehören, wenden sich gegen die Ablehnung des Begehrens, ihre Namen „Protestantische Kirchengemeinde A“ und „Protestantische Kirchengemeinde B“ zu ändern und sie künftig als „Protestantische Christuskirchengemeinde A“ und „Protestantische Christuskirchengemeinde B“ zu bezeichnen. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der räumliche Einzugsbereich der Klägerinnen erstreckt sich jeweils auf die ehedem selbständigen politischen Gemeinden A und B, die durch staatliche Gebietsreform zur Gemeinde A-B vereinigt worden sind. Die Beklagte hat für die Klägerinnen eine gemeinsame Pfarrstelle errichtet. Das Pfarramt hat seinen Sitz im Ortsteil B und führte in der Vergangenheit die Bezeichnung „Protestantisches Pfarramt B“. Die Klägerinnen verfügen jeweils über historische Kirchengebäude, in denen im Wechsel Gottesdienste gefeiert werden.
Am 5. Februar 2007 führte der Vorsitzende der Presbyterien der Klägerinnen ein Gespräch mit dem Dekan des Kirchenbezirks C und einem Vertreter des Landeskirchenrats, in dem die Absicht der Klägerinnen erörtert wurde, das gemeinsame Pfarramt in „Protestantisches Pfarramt A-B“ und sie selbst in „Protestantische Christuskirchengemeinde A“ und „Protestantische Christuskirchengemeinde B“ umzubenennen. Nachdem die Kirchenregierung am 5. Juli 2007 Grundsätze der Namensgebung von Kirchengemeinden beschlossen hatte, denen zufolge die Bezeichnung „protestantisch“ in Verbindung mit dem Namen der betreffenden politischen Gemeinde zu führen ist und der Name des Gottesdienstgebäudes zwischen diese Bezeichnungen eingefügt werden kann (ABl. 2007 S. 142), stellten die Klägerinnen aufgrund einstimmiger Beschlüsse ihrer Presbyterien mit Schreiben vom 22. August 2007 bei der Beklagten den Antrag, den genannten Umbenennungswünschen zu entsprechen. Zur Begründung gaben die Klägerinnen an, die beabsichtigte Namensänderung solle der Zusammenlegung beider Kirchengemeinden dienen und gegenwärtig noch bestehende Gräben zwischen den beiden Teilen der vereinigten politischen Gemeinde überwinden helfen. Am 14. Oktober 2007 beschloss das Presbyterium der Klägerin zu 1. einstimmig, das Kirchengebäude der Gemeinde „Protestantische Christuskirche B“ zu nennen; das Presbyterium der Klägerin zu 2. fasste am selben Tag ebenfalls einstimmig den Beschluss, das Kirchengebäude der Gemeinde „Protestantische Christuskirche A“ zu bezeichnen.
Der Rat des Kirchenbezirks C äußerte sich unter dem ... ablehnend zum Antrag der Klägerinnen. Zur Begründung führte er aus:
Im Kirchenbezirk führten alle Kirchengemeinden die Bezeichnung „Protestantische Kirchengemeinde“ in Verbindung mit dem jeweiligen Ortsnamen ohne eine Zusatzbezeichnung. Dem von den Klägerinnen für ihre Kirchengebäude gewählten Namen fehle es an einem historischen Bezug. Beide Gebäude in der vereinigten politischen Gemeinde A-B „Christuskirche“ zu benennen, begründe eine Verwechslungsgefahr und sei dem Ziel, auch die beiden Kirchengemeinden zu vereinigen, nicht dienlich. Eine mögliche Verwechslungsgefahr bestehe ferner hinsichtlich einer freikirchlichen Gemeinde in der Region, die sich Christusgemeinde nenne. Dem Wunsch nach einer Zusammenlegung beider Kirchengemeinden und der Überwindung noch bestehender Gräben zwischen den beiden Teilen der vereinigten politischen Gemeinde werde durch die Bezeichnung des Pfarramts als „Protestantisches Pfarramt A-B“ hinreichend Rechnung getragen.
Mit Beschluss vom ... stimmte die Kirchenregierung der Umbenennung des Pfarramts zu. Zugleich lehnte sie die beantragte Änderung der Bezeichnung der Kirchengemeinden ab. In einem unter dem ... übersandten Schreiben, mit dem den Klägerinnen der Beschluss bekanntgegeben wurde, wird auf die Gefahren einer Verwechslung der Kirchengemeinden und einer mangelnden Identifikation der Gemeindeglieder mit ihren Kirchengemeinden hingewiesen.
Am ... haben die Klägerinnen Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen. Sie machen geltend:
Das Recht, sich einen bestimmten Namen zu geben, stehe der einzelnen Kirchengemeinde zu. Ob, wie die Beklagte geltend mache, § 89 Abs. 2 Nr. 8 der Kirchenverfassung der Kirchenregierung die Befugnis einräume, den Namen von Kirchengemeinden zu bestimmen, sei zumindest zweifelhaft. Die behauptete Verwechslungsgefahr bestehe nicht. Sie werde dadurch ausgeschlossen, dass der Name des jeweiligen Ortsteils Bestandteil der beabsichtigten Bezeichnungen sei. Der gemeinsame Namensbestandteil „Christuskirchengemeinde“ wirke verbindend, weil er sie – die Klägerinnen – als „Schwestergemeinden“ ausweise. Ihr Begehren halte sich auch im Rahmen des Beschlusses vom 5. Juli 2007, durch welchen die Kirchenregierung das von ihr im Zusammenhang mit der Benennung von Kirchengemeinden in Anspruch genommene Ermessen selbst gebunden habe.
Die Klägerinnen beantragen,
den Beschluss der Kirchenregierung vom ... aufzuheben, hilfsweise: unter Aufhebung des Beschlusses der Kirchenregierung vom ... die Beklagte zu verpflichten, ihrem Antrag auf Umbenennung in „Protestantische Christuskirchengemeinde A“ und „Protestantische Christuskirchengemeinde B“ zu entsprechen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor:
Nach § 89 Abs. 2 Nr. 7 und 8 der Kirchenverfassung sei die Kirchenregierung u. a. für die Bildung, Veränderung und Auflösung von Kirchengemeinden zuständig. Diese Befugnis umfasse die Namensgebung und entspreche einer Pflicht gegenüber dem Staat, der der Kirche das Recht zugestehe, mit der Errichtung einer Kirchengemeinde eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zu schaffen. Er könne deshalb erwarten, dass diese Körperschaft bereits mit ihrer Gründung ordnungsgemäß individualisiert werde. Die Kirchenregierung beanspruche nicht das Recht, den Namen von Kirchengemeinden abschließend und umfassend zu bestimmen. Vielmehr habe sie durch den Beschluss vom 5. Juli 2007 die ihr zustehende Freiheit eingeschränkt. Mit dem angegriffenen Beschluss vom ... habe sie dem Standpunkt des Kirchenbezirks C sowie gesamtkirchlichen Interessen, die wegen der öffentlichen Wirkung der Namensgebung in besonderem Maße berührt seien, Rechnung getragen. Hierbei habe sie sich insbesondere von den Grundsätzen der Namensklarheit und -wahrheit leiten lassen, die eine Unterscheidbarkeit der Namen von Kirchengemeinden und den Ausschluss von Verwechslungsgefahren forderten. Die von den Klägerinnen beabsichtigte Namensänderung rufe solche Gefahren hervor, weil sie beide innerhalb derselben politischen Gemeinde denselben Namenszusatz – „Christuskirchengemeinde“ – führen wollten. Wie die Klägerinnen selbst einräumten, solle damit – im Interesse einer künftigen Vereinigung – der Eindruck hervorgerufen werden, dass sie eine einzige Kirchengemeinde bildeten. Dies stehe im Widerspruch zu dem Umstand, dass sie bis auf weiteres als selbständige juristische Personen am Rechtsverkehr teilnähmen. Die Klägerinnen könnten sich auch nicht mit Erfolg auf ihre Vereinigungsabsicht berufen. Denn § 89 Abs. 2 Nr. 8 der Kirchenverfassung stehe allein der Kirchenregierung die Befugnis zur abschließenden Entscheidung über die Bildung, Veränderung und Auflösung von Kirchengemeinden zu. Schließlich liege es im gesamtkirchlichen Interesse, dass sich der Name einer Kirchengemeinde hinreichend deutlich von Namen freikirchlicher Gemeinden unterscheide. Insoweit sei es für die angegriffene Entscheidung von Bedeutung gewesen, dass sich die Gemeinden des Deutschen Jugendverbandes „Entschieden für Christus e. V.“ als „Christusgemeinden“ bezeichneten und einer dieser Gemeinden im Kirchenbezirk C liege.
Die Klägerinnen haben sich abschließend wie folgt geäußert:
Es sei unzutreffend, dass sich im Kirchenbezirk C eine Christusgemeinde des Jugendverbandes „Entschieden für Christus e. V.“ befinde. Selbst wenn das der Fall wäre, hätte diesem Umstand bei der streitgegenständlichen Entscheidung keine Bedeutung beigemessen werden dürfen.
§ 89 Abs. 2 Nr. 8 der Kirchenverfassung möge der Kirchenregierung die Befugnis vermitteln, im Zusammenhang mit der Errichtung einer Kirchengemeinde auch deren Namen zu bestimmen. Darum gehe es vorliegend aber nicht. Sei eine Kirchengemeinde als öffentlich-rechtliche Körperschaft errichtet worden und handlungsfähig, habe sie gemäß § 6 Abs. 3 der Kirchenverfassung das Recht zur selbständigen Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten. Das schließe jedenfalls das Recht ein, dem ihr verliehenen Namen den Namen ihres Gottesdienstgebäudes beizufügen. Insoweit spreche der Beschluss der Kirchenregierung vom 5. Juli 2007 nur aus, was sich ohnehin aus dem Selbstverwaltungsrecht der Kirchengemeinde ergebe. Das mit der begehrten Namensänderung verfolgte Ziel, die Gemeinsamkeit aller protestantischen Christen in einer vereinigten politischen Gemeinde zu stärken, liege nicht nur kirchengemeindlichen, sondern auch im gesamtkirchlichen Interesse.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die von der Beklagten mit der Klageerwiderung vorgelegten Unterlagen Bezug genommen; ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe:

Der Hauptantrag ist zulässig.
Für die Bezeichnung der Beklagten als Rechtsträger, gegen den die Klage zu richten ist, reichte die Angabe der Kirchenregierung als handelnde Behörde aus (§ 10 VuVGG i. V. m. § 78 Abs. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz VwGO). Das Begehren der Klägerinnen, den Beschluss der Kirchenregierung vom ... aufzuheben, ist gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzes über das Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Pfälzischen Landeskirche – VuVGG – statthaft. Bei diesem Beschluss handelt es sich um einen der Anfechtung unterliegenden kirchlichen Verwaltungsakt. Denn mit ihm wurde eine Einzelfallregelung getroffen, die die individualisierende Wirkung des Namens der Klägerinnen betrifft und damit die ihnen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 der Verfassung der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) – KV – zustehende Rechtsstellung („Die Kirchengemeinde ordnet und verwaltet durch das Presbyterium sowohl auf dem innerkirchlichen wie auf dem vermögensrechtlichen Gebiet ihre Angelegenheiten selbständig im Rahmen der kirchlichen Ordnung“) berührt. Den Klägerinnen fehlt es auch nicht an einem rechtlich schützenswerten Interesse an einer isolierten Aufhebung des streitgegenständlichen Beschlusses. Sie machen mit schlüssiger Begründung geltend, dass er im geltenden Kirchenrecht keine Ermächtigungsgrundlage finde. Der Einleitung eines Vorverfahrens mit dem Ziel, zunächst eine Beschwerdeentscheidung der Kirchenregierung herbeizuführen, bedurfte es nicht, weil bereits die Entscheidung, die im Vorverfahren zu überprüfen wäre, von der Kirchenregierung getroffen wurde und § 4 Abs. 3 Satz 1 VuVGG in einem solchen Fall ein Vorverfahren nicht fordert.
Der Hauptantrag ist unbegründet.
Der angefochtene Beschluss findet seine Grundlage in der Vorschrift des § 89 Abs. 2 Nr. 8 KV, derzufolge die Beklagte durch Beschluss der Kirchenregierung Kirchengemeinden und Kirchenbezirke bilden, verändern und auflösen kann. Diese Kompetenz umfasst – im Rahmen des § 4 KV – nicht nur das Recht, eine neu errichtete Kirchengemeinde, die gemäß § 6 Abs. 1 KV als Körperschaft des öffentlichen Rechts am Rechtsverkehr teilnimmt, durch Verleihung eines Namens von Anbeginn ihrer Existenz zu individualisieren, sondern auch die Befugnis, über die Änderung des Namens einer bestehenden Kirchengemeinde zu entscheiden. Das folgt aus der ausdrücklich genannten Zuständigkeit zur „Veränderung“ von Kirchengemeinden, jedenfalls aber aus der in § 89 Abs. 2 Nr. 8 KV insgesamt zum Ausdruck gebrachten Organisationskompetenz der Beklagten. Danach gilt im kirchlichen Recht nichts anderes als im staatlichen Recht, wo die Befugnis für die erstmalige Vergabe eines Namens an eine politische Gemeinde wie auch dessen spätere Änderung unstreitig den Ländern als Trägern der staatlichen Organisationsgewalt obliegt (Winkelmann, Recht der öffentlich-rechtlichen Namen und Bezeichnungen, Stuttgart 1984, S. 48 f. m. w. N.).
Dieses Verständnis von § 89 Abs. 2 Nr. 8 KV steht mit der Bestimmung des § 6 Abs. 3 KV in Einklang. Bei beiden Vorschriften handelt es sich um Verfassungsnormen, denen derselbe Rang zukommt. § 89 Abs. 2 Nr. 8 KV bringt gesamtkirchliche Interessen zur Geltung. Diese sind im vorliegend in Rede stehenden Zusammenhang deshalb berührt, weil der Name einer Kirchengemeinde über den Bereich der einzelnen Kirchengemeinde hinaus für den innerkirchlichen und für den allgemeinen Rechtsverkehr von grundlegender Bedeutung ist. § 6 Abs. 3 KV erkennt den Kirchengemeinden kein Recht auf Selbstverwaltung zu, das dem Recht der staatlichen Gemeinden auf Selbstverwaltung gliche und die Beklagte z. B. auf eine bloße Rechtsaufsicht über das Handeln der Kirchengemeinden beschränkte. Kirchengemeinden sind stärker in die gesamtkirchliche Ordnung einbezogen als Kommunen in die staatliche Organisation. Das Verhältnis von Gesamtkirche und Kirchengemeinden ist dadurch gekennzeichnet, dass beide gleichermaßen zur Verwirklichung des kirchlichen Auftrags berufen sind und hierbei dienend zusammenwirken müssen. Dies entspricht einhelliger Auffassung im kirchenrechtlichen Schrifttum (vgl. z. B. Rott, Selbstverwaltung im kirchlichen Bereich, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. V, 3. Aufl. 1961, Sp. 1684 f.; Wagenmann, Zur Selbstverwaltung in der Kirche, in: Festschrift für Erich Ruppel, Hannover 1968, S. 210 ff., 212-214; von Campenhausen, Kirchenrechtliche Gutachten 1970-1980, Tübingen 1983, S. 36 ff., 37 m. w. N.; Achilles, Die Aufsicht über die kirchlichen Stiftungen der evangelischen Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland, Tübingen 1986, S. 201 ebenfalls m. w. N.). Im Übrigen ist auch im staatlichen Recht anerkannt, dass sich der – staatlicher Einwirkung entzogene – Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung nicht auf die Bestimmung des Gemeindenamens erstreckt (Winkelmann, a. a. O., S. 50 f.).
Danach ist die Kirchenregierung befugt, einer neu errichteten Kirchengemeinde einen Namen zu verleihen, aber auch den Namen einer bestehenden Kirchengemeinde zu ändern. Soweit dem Urteil vom 20. Februar 1993 im Verfahren XIII 102/09-75 und der dort in Bezug genommenen Rechtsprechung eine abweichende Auffassung zu entnehmen sein sollte, hält das Gericht hieran nicht mehr fest. Das bedeutet indessen nicht, dass die Ausübung des Namensbestimmungsrechts nach § 89 Abs. 2 Nr. 8 KV über § 4 KV hinaus keinen Schranken unterläge. Die Antwort auf die Frage nach den Grenzen dieses Rechts muss indessen der rechtlichen Beurteilung des Hilfsantrags vorbehalten bleiben.
Der Hilfsantrag, der gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. b) VuVGG als Verpflichtungsantrag statthaft und auch im Übrigen zulässig ist, führt in der Sache zum Erfolg. Die Ablehnung des Begehrens, die Klägerinnen in „Protestantische Christuskirchengemeinde A“ und „Protestantische Christuskirchengemeinde B“ umzubenennen, ist rechtswidrig und verletzt diese in ihren Rechten.
§ 89 Abs. 2 Nr. 8 KV räumt der Kirchenregierung in der Frage der Namensgebung im Rahmen des § 4 KV eine weite Gestaltungsfreiheit ein. Allerdings hat die betroffene Kirchengemeinde einen Anspruch darauf, gehört zu werden. Insbesondere steht ihr das Recht zu, eine Namensänderung vorzuschlagen und sich zu der beabsichtigten Entscheidung über eine solche Änderung zu äußern. Ihre Äußerung muss zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden. Insoweit gilt nichts anderes als im Falle der beabsichtigten Änderung des Namens einer politischen Gemeinde (vgl. BVerfG, NVwZ 1982, 367; Winkelmann, a. a. O., S. 107 ff.). In materieller Hinsicht ist die Kirchenregierung verpflichtet, alle für die Entscheidung bedeutsamen Sachgesichtspunkte zu ermitteln, angemessen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Zu berücksichtigen sein können hiernach insbesondere die Individualisierungs- und Orientierungsfunktion des Namens, der Gesichtspunkt der Namensklarheit und -wahrheit, die Gefahr von Verwechslungen und möglichen Fehlvorstellungen und nicht zuletzt die Haltung, die die betroffene Kirchengemeinde zu der beabsichtigten Benennung einnimmt (vgl. Winkelmann, a. a. O., S. 137 ff.). Über diese aus § 6 Abs. 3 KV folgenden und im Übrigen § 89 Abs. 2 Nr. 8 KV innewohnenden Grenzen der Ermessenfreiheit hinaus ist die Kirchenregierung an den Gleichheitsgrundsatz in der Gestalt des Willkürverbots, der auch im kirchlichen Recht gilt (vgl. VGH EKU, Urteil vom 23. März 2003 – VGH 8/01 –, Urteilsabdruck, Seite 12; st. Rspr.), sowie den Grundsatz des Vertrauensschutzes, der ebenfalls Bestandteil des kirchlichen Rechts ist (VGH UEK, Urteil vom 16. Mai 2007 – VGH 12/04 –, Urteilsabdruck, S. 11 ff.), gebunden.
Hieran gemessen kann der Klage der Erfolg nicht versagt bleiben.
Es spricht bereits manches für die Annahme, dass der Beschluss vom ... unter Verletzung des Gehörsanspruchs der Klägerinnen zustande gekommen ist und die Beklagte deshalb zumindest zu einer Neubescheidung zu verpflichten wäre (§ 10 VuVGG i. V. m. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Denn die Klägerinnen haben sich, soweit ersichtlich, vor Ergehen des Beschlusses zu den ihn tragenden Ermessensgesichtspunkten nicht äußern können. Der Beschluss leidet aber (auch) in sachlicher Hinsicht an Mängeln, die dazu nötigen, die Beklagte über eine bloße Neubescheidung hinaus dazu zu verpflichten, dem Antrag der Klägerinnen zu entsprechen (§ 10 VuVGG i. V. m. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Allerdings wird in der Begründung des Beschlusses und deren Ergänzung im gerichtlichen Verfahren zutreffend der Grundsatz der Namensklarheit und -wahrheit zusammen mit dem Gesichtspunkt der Gefahr von Fehlvorstellungen und Verwechslungen in den Mittelpunkt der Erwägungen gestellt.
Beide Klägerinnen, die jeweils über ein eigenes Kirchengebäude verfügen, haben übereinstimmend beschlossen, dieses mit dem Namen „Christuskirche“ zu bezeichnen, um – dem Beschluss der Kirchenregierung vom 5. Juli 2007 über Grundsätze der Namensgebung von Kirchengemeinden entsprechend – die Bezeichnung „Christuskirchengemeinde“ als Namenszusatz führen zu können. Das ist nicht vornherein ausgeschlossen. Die Bezeichnung eines Kirchengebäudes ist eine örtliche Angelegenheit und fällt damit gemäß § 6 Abs. 3 KV grundsätzlich in die alleinige Zuständigkeit der betreffenden Kirchengemeinde. Andererseits hat die Kirchenregierung das ihr zustehende Ermessen durch den Beschluss vom 5. Juli 2007 für den Regelfall dahin gebunden, dem Wunsch einer Kirchengemeinde zu entsprechen, ihrem Namen die Bezeichnung des betreffenden Gottesdienstgebäudes hinzuzufügen. Führt das – wie hier – dazu, dass innerhalb einer politischen Gemeinde zwei selbständige Kirchengemeinden denselben Namenszusatz tragen, besteht in der Tat die Gefahr mangelnder Unterscheidbarkeit. Diese Gefahr ist in der Regel auch erheblich und schwerwiegend, es sei denn ihre Wirkungen würden durch andere Umstände gemindert. Solche Umstände liegen aber im Falle der Klägerinnen vor.
Ihr räumlicher Einzugsbereich erstreckt sich jeweils auf früher selbständige politische Gemeinden, die durch staatliche Gebietsreform zu einer Gemeinde vereinigt worden sind. Damit liegen die Dinge im Bereich der Klägerinnen deutlich anders als beispielsweise bei Kirchengemeinden innerhalb eines geschlossenen Stadtgebiets, wo es zu erheblichen Verwirrungen kommen könnte, wenn zwei Kirchengemeinden dieselbe Zusatzbezeichnung führten. Vor allem aber wird die Gefahr mangelnder Unterscheidbarkeit vorliegend entscheidend gemindert durch die Beifügung der unterschiedlichen Namen der ehedem selbständigen Orte A und B. Auch wenn danach Fehlvorstellungen und Verwechslungen nicht völlig ausgeschlossen sein mögen, ist die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens deutlich niedriger als die Beklagte beim Erlass der streitgegenständlichen Entscheidung angenommen hat.
Die Erwägung, dass die Gemeinden des freikirchlichen Deutschen Jugendverbandes „Entschieden für Christus e. V.“ als „Christusgemeinden“ bezeichnet werden und es im gesamtkirchlichen Interesse liege, dass sich der Namen einer Kirchengemeinde von dieser Bezeichnung deutlich unterscheide, vermag die angegriffene Entscheidung weder für sich genommen noch in Verbindung mit den von der Beklagten weiter angestellten Erwägungen zu tragen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerinnen findet sich jedenfalls im Kirchenbezirk C keine freikirchliche „Christusgemeinde“. Dass eine solche in der Region bestehen mag, ist ohne Belang. Die Bezeichnungen „Christuskirche“ und „Christuskirchengemeinde“ stehen in Einklang mit Schrift und Bekenntnis. Das steht außer Zweifel (§ 1 Abs. 1 KV) und ist im Übrigen zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten. Dass Freikirchen und andere religiöse Vereinigungen ähnliche Bezeichnungen verwenden mögen, kann die von den Klägerinnen gewählte Namensgebung danach nicht hindern. Im Übrigen wird von der Beklagten nur die Gefahr einer Verwechslung der Klägerinnen mit einer freikirchlichen „Christusgemeinde“ geltend gemacht. Von dieser Bezeichnung unterscheidet sich der von den Klägerinnen angestrebte Name schon deshalb erkennbar, weil er „Christuskirchengemeinde“ lautet.
Soweit die Beklagte mit ihrer Bezugnahme auf die Äußerung des Bezirkskirchenrats vom 15. Oktober 2007 anführt, dass die Bezeichnung „Christuskirche“ in A-B keine geschichtliche Anknüpfung aufweise und es im Kirchenbezirk C unüblich sei, den Namen des Gottesdienstgebäudes dem Kirchengemeindenamen beizufügen, werden zwar sachgerechte Ermessensgesichtspunkte geltend gemacht. Diesen hat die Beklagte indessen selbst kein hohes Gewicht beigemessen.
Dass die von den Klägerinnen erwünschte Umbenennung ihrer Zusammenlegung dienen soll, ist kein Gesichtspunkt, der zu ihren Lasten in die Abwägung eingestellt werden dürfte. Die Beklagte wird durch die Umbenennung in ihrer durch § 89 Abs. 2 Nr. 8 KV gewährleisteten organisatorischen Freiheit nicht eingeschränkt, eine Vereinigung der Klägerinnen hierdurch nicht vorweggenommen.
Für die behauptete Gefahr einer mangelnden Identifikation der Gemeindeglieder mit ihren Kirchengemeinden durch die angestrebte Namensführung ist nichts dargetan.
Hinzu kommt:
Der Beklagten war spätestens seit dem 5. Februar 2007 die Absicht der Klägerinnen bekannt, ihre Kirchengebäude jeweils als „Christuskirche“ zu bezeichnen, um selbst in “Protestantische Christuskirchengemeinde A“ und „Protestantische Christuskirchengemeinde B“ umbenannt werden zu können. Zwar ist die Bezeichnung eines Kirchengebäudes, wie dargelegt, grundsätzlich eine örtliche Angelegenheit und gemäß § 6 Abs. 3 KV damit der Entscheidung der jeweiligen Kirchengemeinde vorbehalten. Die Entscheidung über den Namen eines Kirchengebäudes unterliegt jedoch der Aufsicht durch den Landeskirchenrat (§ 98 Abs. 2 Nr. 5 KV). Dem kommt besondere Bedeutung zu, wenn durch die Benennung gesamtkirchliche Angelegenheiten berührt werden, weil über den Kreis der jeweiligen Gemeinde hinaus die Interessen anderer Gemeinden betroffen sind - etwa wegen der Gefahr einer Verwechslung der Kirchengebäude, die in einer politischen Gemeinde liegen -, aber auch dann, wenn die Benennung - wie hier - vornehmlich oder gar ausschließlich dem Ziel dient, eine andere Bezeichnung der Kirchengemeinde zu ermöglichen. Welche Befugnisse § 98 Abs. 2 Nr. 5 KV dem Landeskirchenrat zur Ausübung seines Aufsichtsrechts vermittelt, kann hier dahingestellt bleiben. Denn es wäre zumindest zulässig gewesen, gegenüber den Klägerinnen förmlich zu erklären, dass die Bezeichnung der Kirchengebäude im vorliegenden Fall die – der Kirchenregierung zustehende – Entscheidung über die künftige Fassung des Kirchengemeindenamens nicht vorwegnehmen könne und die Klägerinnen nicht erwarten dürften, die durch den Beschluss vom 5. Juli 2007 grundsätzlich gebilligte Verknüpfung von Gemeindenamen und Name des Kirchengebäudes werde auch in ihrem Falle eingreifen. An einer solchen Erklärung fehlt es. Danach ist ein durchgreifender Grund, die Grundsätze des Beschlusses vom 5. Juli 2007 zur Benennung von Kirchengemeinden ausnahmsweise nicht anzuwenden, vorliegend nicht ersichtlich; er lässt sich hier insbesondere nicht aus einer Verwechslungsgefahr herleiten, die in der Namensgleichheit der Kirchengebäude ihren Ursprung hat.
Nicht zuletzt ist zugunsten der Klägerinnen zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche Änderungswunsch von ihnen selbst ausgeht und von der anerkennenswerten Erwägung getragen ist, noch bestehende Gräben zwischen den Menschen in beiden Teilen der vereinigten politischen Gemeinde A-B zu überwinden.
Da weitere, für die Ermessensausübung bedeutsame Gesichtspunkte nicht geltend gemacht wurden und auch nicht ersichtlich sind, hat sich die Entscheidungsfreiheit der Kirchenregierung auf die Pflicht verengt, dem Begehren der Klägerinnen zu entsprechen. Die Beklagte war daher zu verpflichten, die Klägerinnen in „Protestantische Christuskirchengemeinde A“ und Protestantische Christuskirchengemeinde B“ umzubenennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 24 Abs. 2 VuVGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten fallen nicht an (§ 24 Abs. 1 GKG).